Was bedeutet Scheinselbständigkeit ?

Wenn Sie als Unternehmen Freiberufler beschäftigen, besteht das Risiko, dass diese als scheinselbstständig eingestuft werden und Ihrem Unternehmen möglicherweise hohe Strafen drohen. Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, Anzeichen von Scheinselbstständigkeit zu erkennen. Diese Checkliste hilft Ihnen dabei, potenzielle Scheinselbstständigkeit zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Die Unterscheidung zwischen Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit ist eine komplexe Angelegenheit, die schon seit langem diskutiert wird und zahlreiche Gerichtsurteile hervorgebracht hat. Es gibt jedoch keine einheitliche gesetzliche Definition dafür. Konstanze Brieskorn, Anwältin für Arbeitsrecht, betont: « Die Diskussion wird schon seit Jahrzehnten geführt, es gibt unzählige Urteile, aber keine gesetzliche Definition. »

Denn Scheinselbstständigkeit wird von der Deutschen Rentenversicherung auf ihrer Website wie folgt definiert: « Personen, die formal als selbstständige Auftragnehmer auftreten, in Wirklichkeit jedoch abhängig beschäftigt sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV, werden als scheinselbstständige Arbeitnehmer bezeichnet. »

 

 

Um die Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit zu treffen, gibt es verschiedene Kriterien, die sowohl im Arbeitsrecht, im Sozialversicherungsrecht als auch im Steuerrecht festgehalten sind. Ein wichtiges Indiz für Scheinselbstständigkeit ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit: Je mehr die Arbeit eines Selbstständigen dem Arbeitsverhältnis eines fest angestellten Mitarbeiters ähnelt, desto höher ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit. Weitere Indizien sind die Fremdbestimmtheit, d.h. die Einbindung des Selbstständigen in die Betriebsabläufe des Auftraggebers, sowie die Weisungsgebundenheit, d.h. die Anzahl der Vorgaben, denen der Selbstständige folgen muss.

Ein weiteres Kriterium ist das unternehmerische Auftreten: Wenn ein Freiberufler seine Preise frei gestalten kann, eigene Angebote erstellt und eigenes Marketing betreibt, spricht das eher für eine Selbstständigkeit. Allerdings sind diese Kriterien wie Puzzleteile, die erst in der Gesamtheit ein Bild ergeben. Einzelne Kriterien reichen nicht aus, um eine Scheinselbstständigkeit festzustellen. Scheinselbstständigkeit ist verboten, weil sie dem Sinn und Zweck des Sozialstaatsprinzips widerspricht und das Sozialversicherungssystem aushöhlt.

 

 

Was bedeutet Scheinselbständigkeit ?  Ist Unwissenheit vor Nachzahlungen geschützt?

Kann man bei einer Sozialversicherungsprüfung darauf hoffen, dass Unwissenheit bezüglich Scheinselbstständigkeit als Entschuldigung akzeptiert wird? Die Antwort ist nein. Der Staat erwartet von Unternehmern eine allgemeine Sorgfaltspflicht, einschließlich einer Informationspflicht über Scheinselbstständigkeit. Falls ein Unternehmer bei einer Prüfung unwissend erscheint und auf Milde hofft, wird er enttäuscht werden. Die Behörden nehmen immer eine Fahrlässigkeit an. Es ist daher ratsam, dass Unternehmer sich von Anwälten beraten lassen oder ein kostenloses Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund durchführen lassen, bevor sie einen Freiberufler beauftragen.

Für Unternehmen, die bereits einen Auftrag vergeben haben, empfiehlt unsere Expertin, das Verfahren nicht leichtfertig anzugehen, sondern klug zu überlegen, wie sie vorgehen sollen. Bei Unsicherheiten sollten Unternehmen einen Anwalt zurate ziehen, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Das Thema ist sehr komplex, und es gibt viele Fallstricke für beide Seiten. Die härteren Sanktionen treffen jedoch in der Regel das Unternehmen.

Um Scheinselbstständigkeit bei freien Mitarbeitern zu vermeiden, ist ein Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung nach § 7 a SGB IV der sicherste Weg. Unternehmen sollten jedoch sorgfältig prüfen, ob sie alle erforderlichen Unterlagen vorliegen haben und ob sie schnell genug sind. Der Antrag für das Statusverfahren muss einen Monat nach Beginn der Arbeit des Freelancers gestellt werden.

Es ist auch ratsam, Compliance-Prozesse für Projekte mit Freelancern aufzustellen. Eine Checkliste kann helfen, Risiken für Scheinselbstständigkeit zu ermitteln, und Anwaltskanzleien bieten einen solchen Check an. Falls ein Risiko besteht, können Unternehmen entsprechend nachjustieren.

Unternehmen sollten jedoch auf keinen Fall versuchen, Hinweise auf Scheinselbstständigkeit zu vertuschen, indem sie den Arbeitsauftrag möglichst vage halten. Eine Betriebsprüfung könnte dann Verdacht erwecken und tiefer in die Materie einsteigen. Falls Unternehmen nicht belegen können, dass sie alles probiert haben, um Scheinselbstständigkeit auszuschließen, könnten sie des Vorsatzes verdächtigt werden.

 

 

Was bedeutet Scheinselbständigkeit ?

Diese Checkliste hilft Ihnen zu erkennen, ob Ihre freien Mitarbeiter möglicherweise als Scheinselbstständige tätig sind. Wenn Sie mehrere der folgenden Fragen mit Ja beantworten, gibt es Anhaltspunkte dafür:

 

Muss Ihr freier Mitarbeiter Ihren Anweisungen folgen, zum Beispiel bezüglich Arbeitszeiten, Arbeitsort und Arbeitsweise, wie es bei angestellten Mitarbeitern der Fall ist?

Ist er in die Firmenstruktur integriert und erhält klare Anweisungen von Team- oder Projektleitern

Stellen Sie ihm Arbeitsräume und Betriebsmittel zur Verfügung?

Verfügt der Freelancer nicht über eine eigene unternehmerische Struktur, wie eigene Büroräume, Webseite, Werkzeuge oder Maschinen?

Ist der freie Mitarbeiter vertraglich verpflichtet, bestimmte EDV, Hardware oder Software zu verwenden, was Ihnen eine bessere Kontrolle ermöglicht?

Erhält der freie Mitarbeiter ein monatliches Entgelt, unabhängig von erbrachten Leistungen?

Beschränkt die Arbeit für Sie die unternehmerische Chance des Freelancers, indem er beispielsweise keine Zeit hat, für andere Auftraggeber zu arbeiten?

Sind Sie der Hauptauftraggeber des Freelancers und finanziell von Ihnen abhängig?

Verlangen Sie, dass der Freelancer während der Zusammenarbeit mit Ihnen keine Aufträge von Ihren Konkurrenten annimmt?

Bestehen Sie darauf, dass der Freelancer persönlich für Ihr Projekt verantwortlich ist, anstatt Unterverträge abzuschließen und andere Freelancer oder Angestellte einzusetzen?

Verbieten Sie dem Freelancer, während er für Sie arbeitet, neue Kunden zu akquirieren?

Muss der Freelancer Ihre Erlaubnis einholen, wenn er sich frei nimmt?

Gewähren Sie Urlaub und Urlaubsvergütung für den freien Mitarbeiter?

Zahlen Sie ihm auch im Krankheitsfall weiter, ähnlich wie bei Arbeitnehmern?

Verpflichten Sie den freien Mitarbeiter, an bestimmten Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern, Betriebsausflügen oder Mitarbeiterschulungen teilzunehmen?

Arbeitet der freie Mitarbeiter an unbefristeten Projekten?

Verlangen Sie detaillierte Reportings über Arbeitsfortschritte und Zeiteinteilung?

Verwendet der freie Mitarbeiter Visitenkarten Ihrer Firma?

Je mehr dieser Fragen mit Ja beantwortet werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei Ihrem freien Mitarbeiter um eine Scheinselbstständigkeit handelt.

 

 

Lösungsansatz zur Vermeidung der Scheinselbständigkeit :

Die Gehaltsträgerschaft kann tatsächlich ein Lösungsansatz sein, um Scheinselbständigkeit zu vermeiden. Dabei wird der freie Mitarbeiter nicht direkt vom Auftraggeber bezahlt, sondern von einem Gehaltsträger, der als Arbeitgeber auftritt und für die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern verantwortlich ist. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der freie Mitarbeiter nicht als abhängig Beschäftigter eingestuft wird und die Kriterien für eine selbständige Tätigkeit erfüllt werden. Die Gehaltsträgerschaft kann für beide Seiten Vorteile bieten, da der Auftraggeber keine Arbeitgeberpflichten übernehmen muss und der freie Mitarbeiter dennoch sozialversicherungspflichtig ist und Absicherung im Krankheits- oder Arbeitslosheitsfall hat. Es ist jedoch wichtig, dass die Gehaltsträgerschaft sorgfältig geprüft wird und die Rahmenbedingungen für eine selbständige Tätigkeit erfüllt werden, um ein Scheitern der Lösung zu vermeiden.